25.01.2014

Wie trennt man die Kunst vom Künstler?

Manchmal hört man den Satz "eigentlich ist er ja ein ziemliches Arschloch, aber seine Arbeit ist ausgezeichnet!"... doch was machen wir mit dieser Information?





Neulich ist mir mal wieder aufgefallen, wie sehr Tom Cruises Karriere darunter gelitten hat, dass er sich öffentlich zu Scientology bekannte. Abgesehen von der nach wie vor starken Mission: Impossible Reihe, blieben seine letzten Filme (Oblivion, Jack Reacher, Rock Of Ages, Knight & Day, Operation Valkyrie) finanziell hinter den Erwartungen zurück. Seine Leistung als Schauspieler jedoch, blieb über all die Jahre auf dem selben, hohen Level. Im Grunde ist er nach wie vor der gleiche Mensch, der gleiche Schauspieler wie zuvor. Dennoch wollen die Menschen nicht mehr so dringen ins Kino, wie früher, wenn Tom Cruise (oder auch John Travolta) die Hauptrolle hat.

Jetzt stellt sich natürlich die Frage, ob das für mich (möglicherweise unterbewusst), die Filme schlechter aussehen lässt, als sie tatsächlich sind. Eigentlich vertrete ich die Meinung, dass man Autor und Werk dringend trennen muss, da man sonst vielleicht gezwungen ist, auf einen Großteil der Literatur, Musik und Filme zu verzichten. Gräbt man nämlich nur tief genug, findet man IMMER etwas, worüber man sich aufregen könnte. Doch manchmal, ist eine klare Position einfach nicht so leicht. Bestes Beispiel: Ender's Game

Ender's Game ist ein Sci-Fi Film von 2013, der auf dem hoch gelobten Buch Ender's Game von Orson Scott Card aus dem Jahre 1985 basiert. Da ihr den Film weder in meiner Top 20 Filme 2013, noch in meiner Flop 10 Filme 2013 Liste findet, könnt ihr euch denken, dass ich das fertige Produkt entweder nicht gesehen, oder nicht erwähnenswert fand. Trotzdem machte der Film einige sehr kontroverse Schlagzeilen. Schlagzeilen, die sich auch besonders auf das Einspielergebnis des Filmes ausgewirkt haben. Wie es der Zufall so will, war mir die Vorlage jedoch zuvor durchaus ein Begriff. Und wie es der Zufall so will: das Buch ist ein unbestreitbares Meisterwerk, mit einem großartigen Twist und einer sehr realen Darstellung von Militär und dessen Funktionen. Das Werk fand sogar so viel Anklang, dass es beim U.S. Marine Corps als empfohlene Lektüre für niedere Ränge ausgegeben wird. 

Für alle, die den Film oder das Buch nicht kennen, aber wissen wollen worum es geht, packe ich die Story mal als Spoiler zusammengefasst mit in diesen Artikel. Wer selbst noch vor hat, den Film zu sehen oder das Buch zu lesen, sollte jetzt den Teil überspringen:


Ender ist der Name unserer Hauptfigur. Er ist ein hochintelligenter Junge (im Film ist er etwas älter), der in der Zukunft in der Nachkriegszeit gegen einen übermächtigen Weltraum-Insektenschwarm, die von der Menschheit nur sehr knapp zurückgeschlagen werden konnte, geboren wird. Seitdem die Erde der Vernichtung nur knapp entkam, trainieren die Menschen ihre Kinder bereits in jüngstem Alter zu effektiven Soldaten, Piloten und Kommandeuren. Ender kommt also auf eine Militärakademie und beweist besonderes Talent für Strategie und militärisches Verständnis im Kampf. Einige Monate vergehen, und Ender zweifelt immer stärker an den Beweggründen der Menschheit, und findet mehr und mehr Beweise, dass die Außerirdischen vielleicht gar nicht so böse waren, wie es den Anschein hatte. Von wirklich wichtigen Informationen schirmte man die Kadetten jedoch mit aller Kraft ab, damit sie sich einzig und allein dem Studium widmen konnten.


Er und die anderen Kadetten seiner Schulklasse müssen dann als letztes Examen an einer Simulation teilnehmen, bei der die Menschheit den feindlichen Heimatplaneten ausfindig gemacht hat und die größte Flotte aller Zeiten schickt, um den Kampf präventiv ein für alle mal zu beenden. Ender hat in dieser Simulation (das ganze wird wie eine Art Videospiel beschrieben) das Kommando und führt durch unglaublich intelligente, doch sehr rücksichtslose Manöver die Menschheit unter großen Verlusten zum Sieg, indem er die menschliche Armada opfert und den kompletten Planeten der Aliens vernichtet. Dann, als alles vorbei ist, geben ihm seine Ausbilder zu  verstehen, dass es gar keine Simulation war und er allein Genozid an einem kompletten Planeten samt allem Leben darauf begangen hat. Die unzähligen Verluste auf der Seite der Menschen, die er in den sicheren Tod geschickt hat, inklusive. BÄM.


Doch wo genau ist das Problem? 


Der Schriftsteller von Ender's Game, Orson Scott Card, ist leider ziemlicher Abschaum. Er ist offen schwulenfeindlich und unterstützt mit seinem Geld (er spendet regelmäßig für die Hass-Organisation National Organization for Marriage) und der Kraft seiner öffentlichen Persönlichkeit den Kampf gegen jeden Versuch, Schwulen und Lesben in Amerika das Heiraten zu ermöglichen. Ich bin sehr gespalten, wie man das bewerten soll. Auf der einen Seite, muss die Freiheit der Meinungsäußerung gewährleistet bleiben. Egal, wie lächerlich, ekelhaft oder dumm diese Meinung auch ist. Das ist unfassbar wichtig. Fast nichts ist wichtiger, als die Freiheit auf Meinungsäußerung. Würden wir anfangen, diesen Unsinn zu verbieten, wären wir am selben Punkt wie die Menschen, die andere Menschen nur auf speziell gekennzeichnete Bänke haben sitzen lassen. Auf der anderen Seite ist es in diesem Fall sehr klar, dass das Geld, welches man für das Kinoticket zahlt, zu einem gewissen Anteil in Orson Scott Cards Tasche wandert (Card wird als Mitproduzent des Films angegeben, weshalb er definitiv auch am Film verdient). Das würde heißen, ich gebe mit dem Kauf der Kinokarte meine Stimme und mein Geld dafür ab, dass Card weiterhin die Mittel hat, seine homophoben Ideale zu verbreiten und zu finanzieren. Eine Tatsache, die ich nicht verhindern kann, aber auch nicht unterstützen möchte. Doch wo ziehen wir die Grenze? Das Buch ist sehr, sehr gut und hat absolut keinerlei anti-gay Inhalte. Auch der Film bezieht in dieser Hinsicht keine Stellung. Im Gegenteil: als vor Kinostart zum Boykott des Films aufgerufen wurde, spendete Lionsgate, das Filmstudio welches Ender's Game vertreibt, sogar die Einnahmen der Premiere an diverse Pro-Gay-Marriage Institutionen. Eine gute und wichtige Geste, wenn auch sicherlich mit einem starken PR Gedanken verbunden. 

Wie man damit umgeht, muss sich jeder persönlich fragen. Es ist heutzutage unglaublich wichtig zu hinterfragen, was man konsumiert. Man sollte jedoch absolut in der Lage sein, die Kunst vom Künstler zu trennen. Tom Cruise Filme waschen eure Gehirne nicht dahingehend, die nächste Scientology Kirche aufzusuchen und euren Thetanlevel messen zu lassen. Nicht jeder, der vor 10 Jahren Lostprophets Fan war,  CDs und Tshirts kaufte, ist heute ein Mit-Kinderschänder. Trotzdem ist es gut verständlich, wenn man die Musik jetzt nicht mehr hören möchte. Auch wenn man Musik christlicher Bands mag, wird man dadurch nicht zwangsläufig zum Glaube konvertiert. Es sei denn natürlich, man ist dumm und sehr leicht zu beeinflussen. Dann jedoch, sollte man vielleicht lieber komplett die Finger von Medien lassen... 









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