10.12.2014

Review: John Wick

Keanu Reeves ist zurück! Manche Leser werden möglicherweise nicht mal bemerkt haben, dass der charismatische Schauspieler jemals wirklich weg war, doch abgesehen von Man of Tai Chi, seinem großartigen Debüt auf dem Regiestuhl, sah man Keanu Reeves (Matrix Trilogie, Speed, Bill & Ted, Constantine) die letzte Zeit nur in wenigen wirklich großen Rollen. Neben dem Kassenflop 47 Ronin aus dem letzten Jahr, muss man nämlich bis 2008 zurück gehen, um eine erwähnenswerte Rolle des mittlerweile 50 Jährigen zu finden. Doch diese Zeiten sind hoffentlich überstanden, denn mit dem neuen Actionkracher John Wick feuert sich der Matrix-Star endgültig zurück in die Herzen der Filmfans. Dieser adrenalingeladene Streifen enthält nämlich alles, was man sich von einem erbarmungslosen "Männerfilm" nur erhoffen könnte. Abgesehen von dem selbstverständlich nach wie vor unerreichten The Raid 2, lässt sich John Wick ohne Schwierigkeiten als einer der besten Actionfilme des Jahres bezeichnen.

Was der Film, welcher neben Keanu Reeves auch noch mit einer Reihe an weiteren exzellenten Schauspielern aufwatet, darüber hinaus noch zu bieten hat, erfahrt ihr natürlich im Review!
                       
John Wick ist ein Film, der sehr leicht äußerst mittelmäßig hätte werden können. Keanu Reeves hat in seiner Laufbahn bereits diverse unterdurchschnittliche Filme gedreht und auch die beiden Regisseure David Leitch und Chad Stahelski hatten, abgesehen von langen Karrieren als Stuntmen, selber noch keine allzu große Vorerfahrung hinter der Kamera. Um das Projekt jedoch noch unsicherer zu gestalten, nahm man ein Script, dessen zentrale Prämisse mit halbwegs guter Handschrift auf einen Bierdeckel passen könnte. Und doch: all diese Elemente kombiniert machen John Wick zu einem meiner absoluten Lieblingsfilme des Jahres.

Im Film geht es um John Wick, einem ehemaligen Auftragskiller, dessen Name noch lang nach dem Ende seiner Karriere, jedem Mobster einen kalten Schauer über den Rücken fahren lässt. Er half dem Kartellboss Viggo Tarasov, gespielt von Michael Nyqvist (Mission Impossible: Phantom Protocol, Millenium Trilogie), die Stadt zu übernehmen und hing die Karriere nach getaner Arbeit an den Nagel, da er währenddessen die Liebe seines Lebens gefunden hat. All dies passiert noch bevor der Film beginnt und wird uns im späteren Verlauf vermittelt, um die Beweggründe unserer Hauptfigur nachvollziehbar zu machen. Wicks Frau starb allerdings früh an einer Krankheit, wodurch er, nun nur noch in Gesellschaft von dem Hundewelpen, welches sie ihm vor ihrem Tod schenkte um ihn aufzuheitern, völlig seinem Kummer erlag. Dies ist der Moment, in dem der Film für uns beginnt. Wir lernen einen Mann kennen, dem abgesehen von einem unheimlich süßen Hundebaby, jeder Grund zu Leben genommen wurde - und der versucht, in Ruhe die Trauer über den Verlust seiner großen Liebe zu überwinden. 

Diese Ruhe wird allerdings gehörig unterbrochen, als ein junger Typ gespielt von Alfie Allen (Game of Thrones) versucht, John Wicks Auto zu kaufen. Wick lehnt ab, und findet sich daraufhin schnell in einer ziemlich beschissenen Lage wieder: Der junge Kerl ist nämlich mit einer Truppe von Schlägern bei ihm eingebrochen um nicht nur das Auto zu klauen, sondern auch um John Wick eine Lektion zu erteilen. So kommt es zu der Szene, mit der der Film in den nächsten Gang schaltet: Sie töten den kleinen Hund und rasen mit John Wicks Auto davon. Was der junge Gangster nicht weiß ist, dass John Wick quasi der beste Killer aller Zeiten ist. Was John Wick allerdings genau weiß: der junge Kerl ist Iosef Tarasov, der Sohn von genau dem Mob Boss, dem John Wick zur Macht über die Stadt verholfen hat. John, der ultra angepisst über den Verlust der einen Sache ist, die ihm von seiner zu früh verstorbenen Frau noch geblieben ist, schwört wie sich das gehört,  natürlich Rache. Er holt seine alten Waffen aus der Versenkung und setzt sich zum Ziel, das komplette Kartell zu Fall zu bringen. Richtig gelesen. Ein Mann schwört blutige Rache für den Tod seines Hundes. Und mit "blutig" meine ich "absolut spektakulär". Ich glaube ich habe in meinem Leben noch keinen Film gesehen, in dem so viele unfassbar präzise Kopfschüsse abgefeuert wurden. Klar, ich könnte natürlich jetzt noch über die nächsten paar Absätze ausgiebig davon schwärmen, wie gelungen die Actionsequenzen des Films waren, doch John Wick macht auch hinsichtlich Skript und World-Building äußerst viel richtig. Im Film ist John Wick eine wahre Naturgewalt. Jede Figur die wir antreffen, spricht über John Wick nur mit gedämpfter Stimme in ehrfürchtigem Ton. So zum Beispiel selbst der große Endgegner:


Viggo Tarasov: Ich hab gehört, du hast meinen Sohn geschlagen.  
Aureilo: Ja Sir, das habe ich.
Viggo Tarasov: Darf ich fragen wieso?
Aureilo: Naja Sir, er hat John Wicks Auto geklaut und uhm... seinen Hund getötet. 
Viggo Tarasov: [Pause] Oh.

Denn selbst die Bösen wissen, John Wick ist das Monster unterm Bett, der Boogeyman... ein Hai der unaufhaltsam durch ein Meer von Blut toter Handlanger schwimmt und niemals seine Beute aus den Augen verliert. Eine durchaus schwere Rolle, da sie mit wenig Dialog ziemlich viele Gefühle in den Zuschauern auslösen muss, doch Keanu Reeves eher hölzerne Art zu spielen passt perfekt. Er spielt hier definitiv die Rolle für die er geboren wurde. Obwohl er bereits 50 Jahre alt ist, verkörpert er mühelos eine Figur, die man auf Mitte 30 würde schätzen können. Problemlos wirbelt, ballert und rollt sich Reeves um seine Gegner und beweist, dass ihn sein bescheidener Lebensstil gut erhalten hat (Russel Crowe ist genau so alt und sieht mittlerweile ziemlich zerzaust aus). Ebenfalls grandios: der Film taucht seine Zuschauer tief in eine existierende Welt hinein. Es wird einem nicht alles vorgebetet, sondern wird man viel mehr vom Beckenrand  ins kühle Nass gestoßen. Auch die Dialoge sind stets auf den Punkt und reichern die Geschichte kontinuierlich mit interessantem Background an:
Viggo Tarasov: Ich habe gesehen, wie er 3 Männer in einer Bar getötet hat... und zwar mit einem Bleistift.
Der ganze Film könnte auch auf einem düsteren Comicbuch von Autoren wie Ed Brubaker (Captain America: Winter Soldier) oder Garth Ennis (The Punisher) basieren, wenn man bedenkt wie abgedreht die Handlung dann doch noch wird (ohne je zu  unrealistisch zu werden). Die verschiedenen Auftragskiller (einige davon werden zum Beispiel von Willem Dafoe oder Adrianne Palicki dargestellt) der Stadt checken zum Beispiel stets in ein ganz bestimmtes, geheimnisvolles Hotel ein, wo sie mit speziellen Goldmünzen bezahlen und der Mann an der Rezeption keine Fragen stellt. All dies wird gezeigt, aber zum Glück nie wirklich erklärt. Speziell in einer Zeit in der Filme jedes kleinste Detail unnötigerweise ausbuchstabieren, ist es so erfrischend eine Geschichte zu sehen, die gleichzeitig auch die eigene Phantasie anregt. Die Welt von John Wick passiert nämlich auch außerhalb der vier Ecken der Kamera und die Charaktere der Story kommen und gehen bereits "fertig geformt". 

Insgesamt sollte John Wick, welcher bei uns im Januar im Kino startet, also unbedingt auf euren "To-Do"-Listen stehen. Das ist mal ein vergleichsweise kleiner Film, der jedes verkaufte Kinoticket wirklich gebrauchen könnte! Ich persönlich kann es kaum erwarten, John Wick ein weiteres mal sehen zu können und auch später dann definitiv meiner Blu-Ray Sammlung hinzuzufügen. Auf keinen Fall verpassen!

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